Ich betreibe ja seit 40 Jahren Kampfsport, also Ringen, Jiu-Jiutsu, 40 Jahre Judo, Aikido und jetzt Jeet Kune Do seit einem halben Jahr. Der komplette Kampfsport kommt ja aus Asien – dort arbeitet man mit sehr vielen Werten, sprich man versucht, zehn Grundsatzwerte vom Sport ins Leben zu übertragen: Etwa Höflichkeit, Ehrlichkeit, Ernsthaftigkeit, Respekt, Hilfsbereitschaft, Bescheidenheit, dann Wertschätzung, Mut und Selbstbeherrschung, und vor allem Freundschaft.
Da ich jetzt schon seit zwanzig Jahren in Teams arbeite, in verschiedensten Konstellationen, habe ich bereits sehr früh festgestellt, dass genau diese Werte in Teamarbeit sehr wichtig sind. Aus welchen Menschen setzt sich ein Team zusammen, welche Personen wirken mit etc.. Oft gibt es da den aktiven Part und den passiven, welche, die sich nicht trauen, etwas zu sagen, obwohl sie vielleicht gute Vorschläge hätten.
Die Essenz des Teams
Hier geht’s darum, die Essenz des Teams herauszufinden, was sind deren Werte. Es fängt ja schon damit an, ob sie höflich zueinander sind, ob sie gegenseitig Respekt vor dem andern und vor dessen Meinung habe. Wenn z.B. Einer eine etwas unglückliche Idee hat, gilt es, diese ernst aufzugreifen, da es sonst für den Einzelnen ziemlich demotivierend ist und er dann sicherlich keine Ideen mehr im Team äußern wird. Dann Ernsthaftigkeit, dass man tiefer und weiter denkt, nicht einfach nur seine Arbeit runterrattert, sondern konstruktiv und konzentriert Lösungen sucht oder ein Projekt aufstellt. Wertschätzung ist extrem wichtig, jedem einzelnen gegenüber – wie heißt es im Kampfsport: Erkenne die Leistung jedes einzelnen an, wenn dieser sich nach seinen Möglichkeiten ernsthaft anstrengt. Also jeder sollte immer versuchen, sein Bestes zu geben und das dann auch zu respektieren in dem Moment. Selbstbeherrschung ist ebenfalls ein wichtiger Punkt, dass man den anderen nicht demotiviert, sondern ihn sachlich darauf hinweist, wenn etwas gut oder nicht so gut war und dafür auch Gründe benennt.
Die Werte des Kampfsports im Business eingesetzt
Ich mache natürlich nicht Kampfsport in den Firmen, wie jetzt manche vielleicht denken. Nein, es werden die theoretischen Werte vermittelt, und die gilt es in die Praxis umzusetzen. Das geht es um das Denken und Wesen vom Kampfsport an sich. In den Businesstrainings setze ich diese Werte vor allem in Gesprächsspielen ein, beispielsweise wenn sich zwei oder drei unterhalten: Da finde ich erstmal die Parts des Teams heraus, wie die Konstellationen sind. Da kann man schnell erkennen, so, wie sie miteinander reden, wie die Hierarchie aufgebaut ist. Ob es da einen Chef gibt und nur der das Sagen hat und alle anderen müssen sich danach richten – oftmals ist das gar nicht der wirkliche Chef, oder ob alle gleichberechtigt sind und es konstruktive Beiträge von allen gibt.
Ehrlichkeit und Aufrichtigkeit ist wichtig, denn gerade in Teams wird es schnell sichtbar, wenn Einer besser sein will als der Andere und leider wird da oft mit Intrigen gearbeitet. Das habe ich alles selbst schon erlebt, und das muss man aufdecken, es sollten alle gleich behandelt werden. Da kann es nicht sein, dass einer zu seinem Vorteil irgendwas hintenherum macht, auch wenn es der Chef ist. Gerade der Chef hat ja eine Vorbildfunktion.
Wie kommuniziere ich richtig?
Bei den Coachings geht es viel um Kommunikationstraining. Wie redet man mit- und untereinander. Es kann passieren, dass sich das in der Gruppendynamik so entwickelt, dass alle auf Einen losgehen, auf das schwächste Glied in der Kette. Der hat dann natürlich keine Lust mehr, zieht sich zurück und kann eine Behinderung für das Team werden. Hier geht es dann darum, ihn wirklich zu integrieren, seine Vorschläge anzuhören und erfordert von allen konstruktiv zu arbeiten. Das kann man natürlich auch unter Hilfsbereitschaft einordnen – das man sich gegenseitig hilft und unterstützt.
Ich hatte mal ein Team eines Kunden, das sich gegenseitig ständig verbal angriff. Der Chef war die letzte Instanz, der sagte, so wird’s gemacht und nicht anders. Das Team war damit natürlich nicht zufrieden, weswegen sie der Meinung waren, dass der Chef auf ein Coaching gehen sollte. Ich hab schnell erkannt, dass sich dasselbe Verhalten im Team wiederholte. Das konnten sie dann auch sehen und reflektieren und haben erkannt, dass es so ist.. Dann erst konnten sie lernen, sich gegenseitig zu helfen, anstatt sich gegenseitig anzufeinden.
Positives Feedback geben
Wenn Du heute ein Team in ein Coaching reinsetzt, und damit anfängst, dass jeder ein bisschen erzählt, was denn gut und schlecht gelaufen ist, und die Leute sich trauen, mal Klartext zu reden, dann gibt’s zwei Möglichkeiten: Entweder sie geben ungefiltert ihre Meinung wider, so dass es die anderen ‚angreift‘, oder derjenige formuliert es konstruktiv und positiv als Vorschlag. Das ist die Lernaufgabe bei einem Teammeeting, dass man die Leute nicht ‚verletzt‘, sondern neutral formuliert, was funktioniert hat und was nicht. Also auch nicht den großen Macker rauskehren, Bescheidenheit ist hier besser und sich selbst nicht so in den Vordergrund stellen. Aber sich auch nicht klein machen: „Sprich über deinen Erfolg nicht mit Übertreibung“ und „Orientiere dich an den Besseren und nicht an denen, deren Leistungstand du bereits erreicht hast.“
Selbstbewusstsein ist für mich ebenso wichtig – das hat mit Ernsthaftigkeit zu tun, dass ich hinter meinen Entscheidungen stehe und entscheidungsfreudig bin – es ist gut für das Selbstbewusstsein eine Entscheidung treffen und sich nicht einfach irgendwo dranzuhängen. Außer, man findet es natürlich gut, was der andere vorschlägt. Wir müssen tagtäglich Entscheidungen treffen, in verschiedenen Situationen – in der Familie, im Straßenverkehr. Du triffst eine Entscheidung, peng und so ist es. Für die Konsequenzen bist du dann verantwortlich, denn du hast entschieden.
In Teamspielen das Team spielen lassen
Das ist der Kern des Ganzen. Stell zum Beispiel zehn Leute auf ein Standup Board und gib ihnen die Aufgabe, loszupaddeln. Dann geht’s schon los – man kommt nur vorwärts und ist im Gleichgewicht, wenn alle die Lage überblicken und gleichzeitig paddeln und nicht jeder wie er will. Oder zu Beispiel vier Leute tragen einen Fünften, sagen wir, zehn Meter. Was ist hier wichtig? Der, der getragen wird, darf sich nicht hängen lassen wie ein Mehlsack- je mehr Körperspannung er hat, desto leichter ist es für die anderen, ihn zu tragen. Hier kann jeder einzelne sehen, was er im Teamspiel macht, das macht er im übertragenen Sinne auch im Beruf. Auf sowas zielen unsere Teamspiele ab.
Kampfsport ist ja ein Regelsport, das heißt beide Seiten müssen sich an Regeln halten. Du bekommst eine Strafe,, wenn Du Dich nicht an die Regeln hältst. Das ist wie im Fußball, da bekommst du erst die gelbe, dann die rote Karte und dann bist Du beim nächsten Spiel gesperrt. Das kann man auch umlegen auf die Arbeit im Team, wenn einer aus der Reihe tanzt, gibt es meistens eine logische Konsequenz. , Wenn die Hilfsbereitschaft fehlt, merkst Du das im Kampfsport sofort und auch im Team. Konkurrenz ist im Kampfsport wie im Teamsport nicht angebracht, nicht zu verwechseln mit dem Wettkampf, das ist etwas anderes. Hilfsbereitschaft und Bescheidenheit sind Werte, die genauso ins Business übertragen werden können.
Aktion und Reaktion
Wenn man die Selbstverteidigung anschaut, da gibt es ja immer Aktion und Reaktion, das kann man auch auf Teamarbeit übertragen. Jede Aktion im Team, ruft eine Reaktion hervor. Das ist ja ein ganz normales physikalisches Prinzip. Auch mit Worten, einer fängt an und bekommt eine Reaktion. Wenn es nicht die gewünschte ist, muss man da genau hinschauen, wie war die Aktion eigentlich. Im Kampfsport kann ein Griff zum gewünschten Ergebnis führen, oder auch nicht. Das übt man dann, bis es passt.
Was für ein Mensch bin ich?
Es gibt ja zwei Typen: Die einen, die wirklich nur in die Arbeit gehen und ihre Arbeitszeit runterrattern und auf den Feierabend warten. Und es gibt die anderen, die an der Firma interessiert sind, konstruktive Vorschläge einbringen, wie Geld eingespart werden kann oder Workflows oder Zeiten optimiert werden können.
Wir haben z.B. anonyme Bögen, mit denen man sich selber und seine Werte einschätzen kann. Für mich würde ich sagen, ich bin sehr entscheidungsfreudig, ernsthaft, ehrlich und lebe . In meinem Sportverein leben wir die Werte des Kampfsports. Das funktioniert super.
Sabine setzt diese Bögen manchmal auch in den Coachings ein. Einige Coachings machen wir ja zusammen – weswegen sie oft sehr dynamisch sind. Ich bin ja eher der lockere Typ, der für Spaß sorgt, damit in den Coachings kein Stress aufkommt. Die Mitarbeiter in einem Team haben Stress ja oft schon von Haus aus . Mit einem hohen Stresslevel in den Unternehmen steigt allgemein die Zufriedenheit der Mitarbeiter und die Zahl der Krankheitsfälle ebenso. Sabine ist auch lizensierter Trainer für „Wege aus der Stressfalle“ und kann auch zu diesem Thema viel sagen.
In der Branche, in der ich arbeite, in der Handwerksbranche, geht es im Team rauer zu, als in einem Businessteam. Wenn ich da so Banker anschaue, die sind ja sehr förmlich und höflich. In unserer Branche sind sie da nicht sehr zimperlich, da muss man Kritik schon aushalten können, Ich sag immer „der Ton macht die Musik“, natürlich. In unseren Coachings kommt es darauf an, Dinge anzusprechen und dabei sachlich und neutral zu bleiben, ohne den anderen zu verletzen, das ist für viele nicht einfach, da die Themen oft emotionsgeladen sind. Deshalb verbinden wir das mit den Werten aus dem Kampfsport, das funktioniert dann nach einer Weile sehr gut und die Leute freuen sich, einen Weg gefunden zu haben.